Es gibt zwei Arten von Menschen in der Welt des Glücksspiels. Die einen werfen Geld auf Probleme und hoffen, dass es sich vermehrt wie Kaninchen im Frühling. Die anderen rechnen. Die erste Gruppe finanziert die Marmorböden in Las Vegas und die Dividenden der Online-Anbieter. Die zweite Gruppe ist selten, unbeliebt und meistens pleite, da sie vergessen hat, dass die Theorie grau und der Zufall ein grausamer Mistkerl ist.

Wer sich nun in die Welt der Echtgeld Casinos wagt, bewaffnet mit nichts als einem Bauchgefühl und dem Dispo der Hausbank, der hat den Kampf schon verloren, bevor die erste Karte gedealt wurde. Doch es gibt Hoffnung. Sie heißt John Larry Kelly Jr., war Physiker, arbeitete bei den Bell Labs und hatte vermutlich wenig Interesse daran, ob Sie Ihre Miete verspielen. Dennoch hat er uns das „Kelly-Kriterium“ hinterlassen. Eine Formel, die Gier in Logik verwandelt. Wenn Sie sie verstehen. Wenn nicht, ist es auch egal, dann war das Geld ohnehin schon weg.

Die Arroganz des „All-In“ und die mathematische Ohrfeige

Warum gehen Spieler pleite? Nicht, weil sie immer verlieren. Sondern weil sie zu viel setzen, wenn sie gewinnen, und noch mehr setzen, wenn sie verlieren. Der Mensch ist evolutionär darauf programmiert, Bananen zu sammeln, nicht Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Wenn wir glauben, wir hätten einen Vorteil („Edge“), dann neigen wir dazu, Haus und Hof zu verwetten. Napoleon hat das versucht, diverse Hedgefonds-Manager haben es versucht, und der Typ am Roulette-Tisch neben Ihnen versucht es jeden Freitag.

Kelly sagt: Halt, mein Freund. Die Formel ist brutal einfach, doch für den Laien so verständlich wie ein chinesisches Telefonbuch. Sie besagt im Grunde, dass der optimale Einsatz eine Funktion aus Ihrer Gewinnwahrscheinlichkeit und der Quote ist.

Die Formel lautet: f* = (bp – q) / b

  • f* ist der Anteil Ihrer Bankroll, den Sie setzen sollten.
  • b ist die Quote (im Dezimalformat minus 1).
  • p ist die Gewinnwahrscheinlichkeit (von 0 bis 1).
  • q ist die Wahrscheinlichkeit zu verlieren (1 – p).

Klingt trocken? Ist es auch. Aber es rettet Leben, oder zumindest Kontostände. Wer diese Formel ignoriert, betreibt kein Glücksspiel, sondern finanzielle Selbstverstümmelung.

Warum Sie Kelly (wahrscheinlich) nicht anwenden können

Jetzt kommt der Haken, an dem die meisten scheitern, die sich für schlauer halten als der Rest der Wettanbieter. Das Kelly-Kriterium funktioniert nur dann, wenn Sie einen mathematischen Vorteil haben. Wenn Sie Roulette spielen, ist Ihr Vorteil negativ (danke an die Null). Kelly würde Ihnen hier raten: „Setzen Sie einen negativen Betrag“. Da das physisch unmöglich ist, lautet die Übersetzung: „Geh nach Hause, du Tor“.

Kelly glänzt dort, wo Wissen Macht ist. Beim Sportwetten, wenn Ihre Analyse besser ist als die des Buchmachers. Oder beim Online Blackjack, wenn Sie tatsächlich Karten zählen können und nicht nur den Film „Rain Man“ zu oft gesehen haben. Nur dort, wo p (die Gewinnwahrscheinlichkeit) groß genug ist, um die Marge des Hauses zu schlagen, spuckt die Formel einen positiven Einsatz aus.

Die psychologische Falle: Full Kelly vs. Half Kelly

Nehmen wir an, Sie haben tatsächlich einen Vorteil gefunden. Ein Wunder ist geschehen. Die Formel sagt Ihnen: Setzen Sie 20% Ihrer Bankroll. Ein Fünftel. Auf eine einzige Wette. Das nennt man „Full Kelly“. Und es ist eine Achterbahnfahrt, die nur Soziopathen ohne Magenbeschwerden durchstehen. Denn „Full Kelly“ maximiert zwar theoretisch den Logarithmus des Vermögenswachstums (bohren Sie nicht nach, glauben Sie es einfach), aber es führt auch zu volatilen Ausschlägen, die jeden High Roller zum Weinen bringen würden.

Deshalb nutzen kluge Menschen „Half Kelly“ oder „Quarter Kelly“. Sie berechnen den optimalen Einsatz und halbieren ihn dann. Warum? Weil wir Menschen sind. Wir überschätzen unsere Gewinnchancen systematisch. Wir denken, Bayern München gewinnt zu 90%, dabei sind es historisch gesehen vielleicht nur 80%. Kelly bestraft Arroganz mit dem Ruin. Wer seine Gewinnchance zu hoch einschätzt, setzt zu viel und geht pleite. Die bescheidene Reduktion auf den halben Einsatz ist also keine Feigheit, sondern eine Lebensversicherung gegen die eigene Dummheit.

Fazit: Ein Werkzeug für den Handwerker, nicht für den Träumer

Das Kelly-Kriterium ist wie ein Skalpell. In den Händen eines Chirurgen rettet es Leben; in den Händen eines betrunkenen Affen entsteht jedoch eine Sauerei. Für die meisten Spieler in Online Casinos Österreich bleibt es eine nette Anekdote für den Stammtisch.

Aber vielleicht, nur vielleicht, nehmen Sie eines mit: Es gibt eine mathematische Obergrenze für das, was man setzen sollte, selbst wenn man sich sicher ist. Wer diese Grenze überschreitet, spielt nicht gegen die Bank, sondern gegen die Mathematik. Und die Mathematik, meine Damen und Herren, hat noch nie verloren. Sie hat nur unendlich viel Geduld.