Der durchschnittliche Sportwetter ist oft ein einfaches Gemüt. Er sieht Bayern München gegen einen drittklassigen Aufsteiger und denkt: „Die gewinnen locker mit zwei Toren Vorsprung.“ Er sieht die Quote für den einfachen Sieg (1.10) und gähnt. Dann sieht er die Quote für „Handicap -1“ (1.50) und seine Augen leuchten. Er setzt, Bayern gewinnt mühsam mit 1:0, und der Wetter bestellt schon mal das nächste Bier, im festen Glauben, er habe gewonnen oder bekäme zumindest seinen Einsatz zurück.

Falsch. Das Geld ist weg. Willkommen in der wunderbaren, grausamen Welt des Europäischen Handicaps (3-Weg-Handicap). Wer den Unterschied zum Asian Handicap nicht kennt, sollte sein Geld lieber gleich verbrennen, das spendet wenigstens kurzzeitig Wärme.

Das Europäische Handicap: Die Rückkehr des ungeliebten Remis

Wir haben in anderen Texten das Asian Handicap gelobt, weil es das Unentschieden eliminiert. Das Europäische Handicap hingegen holt das Unentschieden zurück, verpasst ihm ein anderes Trikot und verkauft es Ihnen als Chance. Im Gegensatz zum asiatischen Markt gibt es hier drei mögliche Ausgänge: Sieg Heim, Sieg Gast und – man höre und staune – Unentschieden.

Wenn Sie bei einem Wettanbieter in Österreich eine Wette auf „Team A (-1)“ platzieren, bedeutet das: Team A startet fiktiv mit einem Tor Rückstand.

  • Spiel endet 2:0: Das fiktive Ergebnis ist 1:0. Sie gewinnen.
  • Spiel endet 1:0: Das fiktive Ergebnis ist 0:0. Sie verlieren.

Beim Asian Handicap bekämen Sie hier Ihr Geld zurück (Push). Beim Europäischen Handicap haben Sie auf „Sieg“ gesetzt, aber das fiktive Ergebnis ist ein Unentschieden. Und da Sie nicht auf „Handicap X“ gesetzt haben, freut sich der Buchmacher.

Die „Handicap X“ Falle

Das Perfide am 3-Weg-Handicap ist die Option, auf das Unentschieden zu wetten. Das sieht in der Wettmaske meist so aus: „Handicap 0:1, Tipp X“. Das bedeutet: Sie wetten darauf, dass der Favorit exakt mit einem Tor Unterschied gewinnt. Nicht höher, nicht niedriger. Nur bei einem 1:0, 2:1 oder 3:2 gewinnen Sie.

Die Quoten hierfür sind oft verlockend hoch. Doch lassen Sie sich nicht blenden. Es ist eine der schwierigsten Wetten überhaupt. Sie müssen nicht nur den Sieger vorhersagen, sondern auch noch die genaue Tordifferenz. Das ist kein Investieren, das ist pures Glücksspiel.

Wann lohnt sich das Risiko?

Warum sollte man diesen Markt überhaupt anfassen, wenn das Asian Handicap mathematisch „fairer“ wirkt? Wegen der Gier. Pardon, ich meine natürlich: Wegen der Rendite-Optimierung. Da das Risiko beim Europäischen Handicap höher ist (weil es keinen „Cashback“ bei Gleichstand gibt), sind die Quoten für den Favoriten-Sieg deutlich höher.

Wenn Sie absolut sicher sind, dass Manchester City den Gegner zerlegt und mit mindestens zwei oder drei Toren Unterschied gewinnt, dann bietet das Europäische Handicap (-1) mehr Value als das Asian Handicap (-1.5). Aber seien Sie sich bewusst: Ein knapper Arbeitssieg ist bei dieser Wette genauso wertlos wie eine Niederlage.

Der klassische Anfängerfehler: 1X2 vs. Handicap

Viele neue Wettanbieter mischen die Märkte in ihrer Übersicht. Da steht „Sieg“, „Doppelte Chance“ und „Handicap“ wild untereinander. Achten Sie auf die kleinen Zeichen. Steht dort (0:1) oder EH? Dann ist es ein 3-Weg-Handicap. Steht dort AH oder -1.0, -1.5? Dann sind Sie im asiatischen Sektor.

Verwechseln Sie diese beiden Welten nie. Der Unterschied liegt oft nur in einem einzigen Tor, aber dieses Tor entscheidet darüber, ob Sie sich als genialer Analyst fühlen oder ob Sie wütend auf den Schiedsrichter schimpfen, weil er in der 93. Minute nicht abgepfiffen hat.

Fazit: Wissen, was man kauft

Nutzen Sie das Europäische Handicap nur, wenn Sie „Monster-Siege“ erwarten. Für alle anderen Situationen, in denen es knapp werden könnte, ist diese Wettart zu unflexibel. Es ist ein Werkzeug für Wettanbieter Bonus Umsetzungen, wo hohe Quoten gefordert sind, aber für den täglichen Grind eines Profis ist die Varianz oft zu brutal.

Merken Sie sich: Beim Europäischen Handicap gibt es keinen Rettungsanker. Wer hier schwimmt, muss das Ufer erreichen, sonst geht er unter.